Werbemessung heimlich aktiviert
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Maren Keller, Mo, 14. Okt. 2024
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Werbemessung heimlich aktiviert

Mozilla überwacht Firefox-Nutzer mit „Datenschutzfunktion“

Neben individuellen Anpassungsmöglichkeiten hat Firefox jahrelang vor allem mit dem Schutz der Privatsphäre seiner Nutzer gepunktet. Jetzt gibt es wegen der Werbemessung ein Datenschutzproblem.

Denn es scheint, dass Mozilla seine Nutzer ohne deren Einwilligung überwacht. Die Datenschutzorganisation Noyb hat nun eine offizielle Beschwerde eingereicht. Alle Infos hier.

Datenschutzfreundliche Werbung

Der Mozilla-Browser Firefox positioniert sich selbst als eine datenschutzfreundliche Software, die ihren Nutzer umfangreiche Kontrolle über ihre Daten gibt. Kein Wunder also, dass Firefox nach Google Chrome der meistgenutzte Browser ist.

Mit der Veröffentlichung der neuen Version 128 hat Mozilla jedoch ohne vorherige Zustimmung eine Technologie für vermeintlich „datenschutzfreundliche digitale Werbung“ integriert – und bei allen Usern aktiviert. Wer die heimliche Werbemessung nicht möchte, muss selbst aktiv werden und die Funktion deaktivieren.

Die betreffende Technologie, bekannt als Privacy Preserving Attribution (PPA/zu deutsch: datenschutzfreundliche Werbemessung), wurde von Firefox bereits im Februar 2022 angekündigt. Im Juni dieses Jahres folgte die Übernahme des Unternehmens „Anonym“, das von ehemaligen Führungskräften von Meta gegründet wurde. Durch diese Übernahme und die Einführung der neuen Funktion bewegt sich Firefox zunehmend in Richtung Werbemarkt.

Mozilla Firefox _ Werbemessung _ Tracking _ Werbetracking _ PPA

Dieses mit Pfeil markierte Kästchen berechtigt Firefox, Nutzerdaten zu sammeln. In den Einstellungen lässt es sich deaktivieren. Bild: Screenshot PC-SPEZIALIST

Werbemessung heißt Sammlung von Daten

Auch, wenn Mozilla mit der Werbemessung das Ziel verfolgt, die Werbewirksamkeit zu messen, ohne Informationen über bestimmte Einzelpersonen zu sammeln, so bleibt ein fader Beigeschmack, denn die Funktion wurde aktiviert, ohne die Nutzer zu informieren.

Fest steht zudem, dass Anonym Nutzerdaten sammelt und lediglich verspricht, diese Daten sicher abzulegen und Werbetreibenden nur anonymisierte Ergebnisse aus der Verarbeitung dieser Daten zur Verfügung zu stellen. Ob die gesammelten Daten wirklich sicher sind, ist ungewiss.

Mozilla Firefox rechtfertigt die Einführung dieser Technologie damit, dass sie eine Alternative zur herkömmlichen Tracking-Werbung bietet und somit dazu beiträgt, den Eingriff in die Privatsphäre der Nutzer zu reduzieren.

Überwachungsfunktion in Firefox

Die Datenschutzorganisation Noyb erhebt nun den Vorwurf, dass Mozilla ohne Zustimmung der Nutzer eine Überwachungsfunktion in Firefox aktiviert hat. Für Noyb ist dieser Schritt eine Bedrohung für die Privatsphäre der Nutzer.

Die von Mozilla implementierte Technologie PPA verfolgt das Nutzerverhalten ohne den Einsatz von Cookies. Anstatt dass jede Website Tracking-Mechanismen wie Cookies nutzt, übernimmt Firefox selbst diese Rolle. Dadurch erhält die Werbeindustrie Zugriff auf aggregierte Daten über Nutzerinteraktionen mit Werbung, die über den Browser gesammelt werden.

Auch wenn diese Methode als weniger invasiv gilt als traditionelles Cookie-Tracking, bleibt der kritische Punkt: Die Nutzer wurden nicht über die Aktivierung dieser Funktion informiert. Mozilla hat die Funktion standardmäßig im Rahmen eines Software-Updates aktiviert, ohne die Nutzer vorher um Zustimmung zu bitten oder sie klar über die Änderungen im Datenschutz zu informieren.

Mozilla Firefox _ Werbemessung _ Tracking _ Werbetracking _ PPA: zwei weiße Kameras vor blauem Himmel. Bild: Pexels/AS Photography

Eine Datenschutzorganisation hat jetzt Beschwerde gegen die Überwachung in Firefox eingelegt. Bild: Pexels/AS Photography

Beschwerde gegen Werbemessung

Weiterer Kritikpunkt: Das Vorgehen von Firefox verstößt gegen die DSGVO. Denn laut Nyob ersetzt diese Art der Datensammlung herkömmliche Cookies nicht, sondern stellt vielmehr eine zusätzliche Möglichkeit für Websites dar, gezielte Werbung zu schalten und zu messen. Datenschutzexperten wie Felix Mikolasch von Noyb üben deutliche Kritik an diesem Vorgehen.

Die Organisation hat eine offizielle Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde (DSB) eingereicht. Noyb fordert eine umfassende Untersuchung und verlangt, dass Mozilla die Funktion standardmäßig deaktiviert, die Nutzer transparent über die Datenverarbeitung informiert und unrechtmäßig erhobene Daten löscht.

Wer nicht auf eine Entscheidung der Behörden warten will, kann die Werbemessung, also das Werbetracking selbst deaktivieren. Gehen Sie dafür in die Firefox-Einstellungen und wählen Sie links den Bereich „Datenschutz & Sicherheit“. Scrollen Sie nun zum Abschnitt „Werbeeinstellungen für Websites“ und entfernen Sie das Häkchen bei „Websites erlauben, datenschutzfreundliche Werbemessungen durchzuführen“.

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Quellen: noyb, Statista, mozilla, golem, mozilla, github, Pexels/Amar Preciado (Headerbild)

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