Diskriminierende Stellenausschreibungen können teuer werden. Der Begriff Digital Native wurde jetzt in einem aktuellen Urteil als Altersdiskriminierung bewertet.
Details zum Fall, wie Sie solche Fallstricke umgehen und was Schulungen für Mitarbeiter damit zu tun haben, erfahren Sie hier.
Unser Beitrag über Vorlage im Überblick:
Digital Native vs. Digital Immigrant
Der Begriff Digital Native beschreibt Personen, die mit digitalen Medien aufgewachsen sind und diese als selbstverständlichen Teil ihres Lebens betrachten. Sie sind also im Umgang mit digitalen Technologien besonders geübt. Dazu zählen alle Menschen, die ab 1981 geboren sind, vor allem aber die späteren Jahrgänge der sogenannten Millenials. Sie haben mit neuen Technologien von klein auf ihr Erfahrung gemacht. Im Gegensatz dazu stehen die Digital Immigrants, die digitale Technologien erst im Erwachsenenalter kennengelernt haben.
Für Arbeitgeber kann der Begriff Digital Native ein Hinweis auf technisches Verständnis und Flexibilität sein. Doch in rechtlicher Hinsicht birgt er Risiken, denn er impliziert eine Altersgrenze. In einem aktuellen Fall wurde Digital Native in einer Stellenanzeige als diskriminierend gewertet, was zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führte.

Als Digital Natives gelten Menschen, die ab 1981 geboren wurden. Bild: Pexels/fauxels
Digital Native in Stellenanzeigen
Im verhandelten Fall hatte sich ein 1972 geborener Wirtschaftsjurist auf die Position eines „Manager Corporate Communication (m/w/d) Unternehmensstrategie in Vollzeit“ beworben, in der Digital Natives angesprochen wurden. Nach der Absage seitens des Unternehmens mit der Begründung, er sei überqualifiziert und fordere ein zu hohes Gehalt, klagte der Mann. Er sah sich aufgrund seines Alters benachteiligt.
Der Kläger argumentierte, dass der Begriff Digital Native auf eine Zielgruppe abzielt, die mit digitalen Medien und Technologien aufgewachsen ist – eine Gruppe, der hauptsächlich die Jahrgänge ab 1981 zugerechnet werden. Der Mann vertrat die Ansicht, dass die Stellenanzeige implizit auf das Merkmal Alter abziele und forderte eine Entschädigung in Höhe von fünf Monatsgehältern.
Das Arbeitsgericht Heilbronn ist der Argumentation des Klägers gefolgt und hat dies in einem aktuellen Urteil bestätigt – mit der Begründung: Die Formulierung „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der datengetriebenen PR, des Bewegtbilds … zu Hause“ stelle ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung aufgrund des Alters dar.
Arbeitsgericht hat geurteilt
Das Arbeitsgericht Heilbronn gab dem Kläger grundsätzlich also Recht und erkannte in der Formulierung Digital Native ein Indiz für eine Altersdiskriminierung. Obwohl der Arbeitgeber argumentierte, dass die Ablehnung aufgrund der Überqualifikation und Gehaltsvorstellungen erfolgte, konnte er dies nicht ausreichend belegen.
Laut Gericht sei der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch generationsbezogen und grenze den Bewerberkreis auf eine jüngere Generation ein. Die Formulierung der Stellenanzeige deutet darauf hin, dass sich das Unternehmen bevorzugt an jüngere Bewerber richtet und ältere Generationen indirekt ausschließt. Hätte der Arbeitgeber eine offene Formulierung für alle Altersgruppen mit digitalen Kenntnissen wählen wollen, hätte er auf den Begriff verzichten können.
Die Vermutung der Altersdiskriminierung konnte der Arbeitgeber im verhandelten Fall nicht entkräften, was zu einem Urteil zugunsten des Klägers führte. Allerdings reduzierte das Gericht die geforderte Entschädigung auf eineinhalb Monatsgehälter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Diskriminierungen gibt es viele – nicht nur aufgrund des Alters. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz soll davor schützen. Bild: Pexels/cottonbro studio
Chancengleichheit in Stellenanzeigen
Für Unternehmen bedeutet dieses Urteil, dass Begriffe wie „Digital Native“, „Digital Immigrants“ oder „Millenials“ problematisch sein können und im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vermieden werden sollten. Arbeitgeber sind gefordert, diskriminierungsfreie, klar verständliche Stellenanzeigen zu formulieren, die weder Geschlecht, Alter noch andere Merkmale als Auswahlkriterium hervorheben. Dies vermeidet rechtliche Konsequenzen und sorgt für Chancengleichheit.
Eine diskriminierungsfreie Stellenanzeige legt den Fokus auf Qualifikationen und Erfahrungen, die für die Position erforderlich sind, ohne implizite Alters- oder Geschlechtervorgaben. Beispielsweise können Unternehmen auf Begriffe wie „erfahren“ oder „junges Team“ verzichten und stattdessen konkret auf Kompetenzen und Aufgabenbereiche eingehen. Dies schützt vor Diskriminierungsvorwürfen und trägt zu einem positiven Image als Arbeitgeber bei.
Schulung und Überprüfung – auch der IT
Ob IT-Sicherheit oder Stellenanzeigen – um schwerwiegende Folgen zu vermeiden, sollten Unternehmen Schulungen einführen, die über Vorgaben und Fallstricke informieren. Zudem empfiehlt sich die regelmäßige Überprüfung – von Stellenanzeigen genauso wie der IT durch Experten.
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Quellen: handwerk, personalwirtschaft, hss, ChatGPT/DALL-E (Headerbild)
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